Motivation |
Einen entscheidenen Umbruch in der Namensgeschichte stellt der enorme Anstieg der Heiligennamen (HN) dar (z.B. Bonifatius, Stefanus, Barbara, Thomas, Johannes). Waren HN schon im zwölften Jahrhundert äußerst beliebt, kam es im 13. Jahrhundert zu einem lawinenartigen Anschwellen derselben und zu einer Überbietung des germanischen Rufnamenstammes. Als Hauptgrund dafür ist wohl die intensive Heiligenverehrung von Seiten des Franziskaner- und Dominikanerordens zu sehen, die in Zeiten der sozialen und politischen Umwälzung sozusagen Propaganda für Heilige und die ihnen zugeschriebenen Schutz- und Heilfunktionen (Patronate) machten, indem sie deren Namen durch Kalender, Bilder in Kirchen, Wallfahrten und Reliquienkulte unter das Volk brachten. Als Motivation der Heiligenbenennung steht das Bedürfnis der Eltern im Vordergrund, ihr Kind dem Schutz und der Obhut eines Heiligen anzuvertrauen. Gefördert wird die Verbreitung von HN auch von der städtischen Oberschicht, die neuen Moden gegenüber immer aufgeschlossen war. Die Anzahl von HN betrug dann im 15./16. Jahrhundert vielerorts 90% des Rufnamenschatzes. In protestantischen Gebieten gingen die HN jedoch zurück, da man sich von Seiten der Reformatoren gegen eine übertriebene Heiligenverehrung aussprach und sich lieber auf die Namen aus der Heiligen Schrift besann. Als Gegenreaktion auf die HN lebten verstärkt die aus der Mode gekommenen alttestamentarischen Namen (Esther, Leah, Salome, Rebekka, Enoch) und die fast in Vergessenheit geratenen germanischen RN wieder auf. Dieser Vorgang ging jedoch relativ langsam vonstatten. |